Private Equity
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Private Equity hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer bedeutenden Kraft im internationalen Finanzsystem entwickelt – und die Schweiz ist dabei ein wichtiger Standort. Der Begriff bezeichnet privates Beteiligungskapital, das in nicht börsenkotierte Unternehmen investiert wird. Im Gegensatz zu börsengehandelten Beteiligungen handelt es sich also um Kapital, das gezielt über spezialisierte Fonds oder in Form von Direktbeteiligungen bereitgestellt wird.
In der Schweiz ist privates Beteiligungskapital längst mehr als ein Randthema. Es ist insbesondere für den Kauf etablierter KMU zu einem entscheidenden Instrument der Akquisitionsfinanzierung geworden.. Investoren wie Pensionskassen, institutionelle Investoren und zunehmend auch vermögende Privatanleger nutzen diese Anlageklasse, um Renditechancen ausserhalb der öffentlichen Kapitalmärkte wahrzunehmen.
Neben der reinen Finanzierung spielt diese Käuferkategorie auch eine volkswirtschaftliche Rolle: Sie fördert Innovation, beschleunigt Unternehmenswachstum und hilft bei Restrukturierungen oder Konsolidierungen. Gleichzeitig ist sie mit Risiken verbunden, die von mangelnder Marktliquidität bis zum Totalverlust der Investition reichen.
Begriff und Definition
Unter Private Equity («PE») – auch privates Beteiligungskapital genannt – versteht man Investitionen in nicht börsenkotierte Unternehmen. Dabei handelt es sich in der Regel um langfristige Kapitalbeteiligungen, die von PE-Gesellschaften oder PE-Unternehmen verwaltet werden.
Das Kapital wird häufig über Private-Equity-Fonds gesammelt, in die verschiedene Anleger einzahlen. Diese Anleger treten als Limited Partners auf. Die Verantwortung für die Auswahl der Zielunternehmen, die Durchführung der Due Diligence und die Entwicklung von Anlagestrategien liegt bei den Fondsmanagern, den sogenannten General Partners.
Im Unterschied zu Venture Capital oder Risikokapital, das junge Startups und Unternehmensgründer finanziert, liegt der Fokus dieser Form der Unternehmensfinanzierung meist auf etablierten Firmen mit einem nachweislich funktionierenden Geschäftsmodell und einer entsprechenden Rentabilität.
Bedeutung
Die Bedeutung von Private Equity für die Schweizer Wirtschaft mit ihren zahlreichen gut positionierten KMU ist enorm. Das Private Eigenkapital wird häufig mit traditionellen Akquisitionskrediten von Banken kombiniert und erweitert die Möglichkeiten von Unternehmenstransaktionen massgeblich.
Diese Form der Akquisitionsfinanzierunge ermöglicht die Umsetzung von Wachstumsstrategien, Restrukturierungen und weitergehende Marktkonsolidierungen.. Für Managementteams eröffnet es in Form von Management-Buy-outs (MBO) zudem die Möglichkeit selbst Anteile zu erwerben und nebst der operativen Rolle auch auf der Eigentümerebene zu partizipieren.
Für reine Anleger wiederum bietet sich ein attraktiver Zugang zu den Private Markets. Während klassische Anlageklassen wie ETFs, Anleihen oder Immobilienfonds oft begrenzte Renditen abwerfen, versprechen Private-Equity-Investments langfristig höhere Renditen. Gerade Pensionskassen und andere institutionelle Investoren setzen deshalb zunehmend auf Private Equity als festen Bestandteil ihrer Anlagestrategien.
Auch im globalen Kontext spielt die Schweiz eine Rolle: Grosse Player wie Blackstone oder KKR investieren auch in Schweizer Unternehmen und prägen damit die Entwicklung ganzer Branchen.
Funktionsweise und Struktur
Das Grundprinzip von Private Equity ist die Bündelung von Kapital durch einen Fonds, mit dem anschliessend in ausgewählte Unternehmen investiert wird. Dabei lassen sich mehrere zentrale Strukturen unterscheiden:
- Limited Partners (LPs): Anleger, die Kapital bereitstellen. Dazu zählen vorwiegend institutionelle Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen, Banken, aber auch vermögende Privatanleger.
- General Partners (GPs): Fondsmanager, meist Private-Equity-Gesellschaften oder spezialisierte Beteiligungsgesellschaften, die die Verantwortung für die Auswahl der Investments tragen.
- Zielunternehmen: Firmen, in die das Kapital investiert wird. Diese sind in der Regel nicht börsenkotiert und werden nach einer umfassenden Due Diligence erworben.
Ein wesentliches Merkmal ist, dass Private-Equity-Fonds in der Regel über viele Jahre laufen. Während dieser Zeit werden die Unternehmen restrukturiert, das operative Geschäft verbessert und die strategischen Weichen für einen Börsengang (IPO / Initial Public Offering) oder den späteren Verkauf gestellt.
Besonders verbreitet sind Buy-outs: Dabei erwerben Private-Equity-Firmen Mehrheitsbeteiligungen an einem Zielunternehmen. Erfolgt dies mit hohem Fremdkapitalanteil, spricht man von einem Leveraged Buy-out (LBO). Diese Struktur ermöglicht es, mit vergleichsweise geringem Eigenkapitaleinsatz grosse Transaktionen zu realisieren, birgt aber auch erhebliche Risiken.
Formen der Private-Equity-Finanzierung
Private Equity ist vielfältig und umfasst verschiedene Finanzierungsarten, die auf unterschiedliche Unternehmensphasen zugeschnitten sind:
- Venture Capital / Risikokapital / Wagniskapital: Frühphasenfinanzierung für Startups mit hohen Risiken und Chancen.
- Wachstumskapital: Unterstützung für Unternehmen, die ihr bestehendes Geschäftsmodell ausweiten möchten.
- Buy-out: Übernahme reifer Unternehmen, häufig mit dem Ziel der Restrukturierung oder Expansion.
- Management Buy-out (MBO): Beteiligung des bestehenden Managements an der Übernahme.
- Leveraged Buy-out (LBO): Übernahme mit hohem Fremdkapitalanteil.
- Mezzanine-Finanzierungen: Mischform aus Eigen- und Fremdkapital, oft zur Ergänzung von Buy-outs genutzt.
- Real Estate PE: Beteiligungen an Immobilienprojekten oder Immobiliengesellschaften.
- Dachfonds: Fonds, die in mehrere Private-Equity-Fonds investieren und damit eine zusätzliche Diversifikation schaffen.
Diese Bandbreite macht privates Beteiligungskapital zu einem flexiblen Instrument, das von der Unternehmensgründung bis zur internationalen Expansion eingesetzt werden kann.
Markt und Akteure
Der Schweizer Private-Equity-Markt ist stark international geprägt, gleichzeitig aber auch durch lokale Besonderheiten gekennzeichnet.
Wichtige Akteure sind:
- Private-Equity-Firmen: Verwalten Fonds und führen Investitionen durch. Globale Player wie KKR oder Blackstone sind ebenso aktiv wie zahlreiche kleinere und mittelgrosse schweizerische und europäische Private-Equity-Firmen.
- Private-Equity-Gesellschaften: Übernehmen die Rolle der Fondsmanager und arbeiten eng mit den Management-Teams der Zielunternehmen zusammen.
- Institutionelle Investoren: Insbesondere Pensionskassen und Versicherungen, die Private Equity als festen Bestandteil ihrer langfristigen Anlagestrategien nutzen.
- Privatanleger: Für sie ist der direkte Zugang eingeschränkt, doch über Dachfonds oder spezialisierte Produkte können auch sie in PE investieren.
- Startups und Unternehmensgründer: Sie sind wichtige Empfänger von Wagniskapital und profitieren durch Kapital, Netzwerke und strategische Begleitung.
Private Equity in der Schweiz im internationalen Vergleich
Im Vergleich zu den USA und der EU ist der Schweizer Private-Equity-Markt kleiner, dafür stark mittelständisch geprägt. Während in den USA grosse Buy-outs und LBOs dominieren, konzentrieren sich Schweizer Private-Equity-Gesellschaften auf gut positionierte Nischenplayer. Das Branchenspektrum ist breit und umfasst Pharma-, Industrie- und Technologieunternehmen ebenso wie Handels-, Dienstleistungs-, und grössere Handwerksbetriebe.
Besonders wichtig ist hier die Rolle der Pensionskassen als Investoren, während international oft staatliche Fonds dominieren. Internationale Player wie Blackstone oder KKR sind zwar auch in der Schweiz aktiv, treffen jedoch auf einen stabilen, regulierten Markt mit langfristiger Ausrichtung.
Regulierung von Private Equity
Die Regulierung von Private Equity in der Schweiz basiert auf dem Kollektivanlagengesetz (KAG). Zuständig ist die FINMA, die die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben überwacht. Private-Equity-Fonds gelten als komplex und risikobehaftet, weshalb Transparenz, Reporting und Risikomanagement besonders wichtig sind.
Im internationalen Kontext beeinflussen Richtlinien wie die europäische AIFMD (Alternative Investment Fund Managers Directive) auch Schweizer Fonds, da viele Anbieter grenzüberschreitend tätig sind. Zudem gibt es Überschneidungen mit anderen Anlagevehikeln wie Hedgefonds, ETFs oder klassischen Investmentfonds.
Vor- und Nachteile
Private Equity bietet viele Chancen, birgt aber auch erhebliche Risiken. Der Blick auf die Vor- und Nachteile macht deutlich, warum diese Anlageklasse sowohl umstritten als auch attraktiv ist.
Vorteile
- Höhere Renditen: Private-Equity-Investments haben in der Vergangenheit im Durchschnitt bessere Ergebnisse erzielt als klassische Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen. Dies gilt insbesondere für langfristig ausgerichtete Fonds.
- Diversifikation: Privates Beteiligungskapital eröffnet Anlegern den Zugang zu Private Markets und nicht börsenkotierten Unternehmen, in die sonst nicht investiert werden könnte. Diese Diversifikation kann das Risiko eines Portfolios insgesamt senken.
- Know-how und Netzwerke: Private-Equity-Firmen bringen nicht nur Kapital, sondern auch Erfahrung, Branchenkontakte und strategisches Know-how ein. Davon profitieren die Zielunternehmen direkt, beispielsweise durch Verbesserungen im operativen Geschäft.
- Langfristige Perspektive: Während börsenkotierte Unternehmen oft unter dem Druck kurzfristiger Quartalsberichte stehen, können Private-Equity-Gesellschaften langfristige Anlagestrategien verfolgen.
- Wachstumsförderung: Gerade für Schweizer Startups und wachsende KMU ist diese Form der Unternehmensfinanzierung ein wichtiger Motor für Innovation und die Umsetzung nationaler oder internationaler Expansionspläne.
- Management-Beteiligung: Durch Modelle wie das Management-Buy-out (MBO) können Managementteams selbst Anteile erwerben, was die Identifikation mit dem Unternehmen erhöht.
Nachteile
- Risiko des Totalverlustes: Private-Equity-Investments sind riskant. Ein Unternehmen kann scheitern, und Anleger verlieren ihr gesamtes Investitionskapital. Dieses Risiko ist insbesondere bei Venture Capital und Startups hoch.
- Illiquidität: Private-Equity-Fonds laufen oft über 10 bis 12 Jahre. Während dieser Zeit ist das investierte Kapital gebunden und nicht frei verfügbar. Für kurzfristig orientierte Anleger ist diese Illiquidität ein Nachteil.
- Hohe Eintrittsbarrieren: Viele Fonds setzen Mindestinvestitionen voraus, die für Kleinanleger unerschwinglich sind. Damit bleibt Private Equity vor allem institutionellen Investoren vorbehalten.
- Komplexität: Strukturen wie Leveraged Buy-outs (LBOs) oder Mezzanine-Finanzierungen sind komplex und für Laien schwer durchschaubar.
- Kritik an Schuldenlast: Insbesondere bei LBOs werden Unternehmen oft mit hohen Schulden belastet, was sie anfällig für wirtschaftliche Krisen macht.
- Abhängigkeit von Managementteams: Der Erfolg hängt stark von der Kompetenz und Integrität der Managementteams ab. Fehlentscheidungen können fatale Folgen haben.
- Kosten: Verwaltungsgebühren, Erfolgsbeteiligungen (Carried Interest) und andere Kosten sind im Vergleich zu ETFs oder klassischen Fonds hoch.
Situation in der Schweiz
Für Schweizer Pensionskassen ist Private Equity trotz der Risiken attraktiv, da es ihnen hilft, ihre Renditeziele zu erreichen. Allerdings wird auch hier oft die fehlende Liquidität als Problem genannt. Für Privatanleger wiederum bleibt der Zugang beschränkt, und sie müssen häufig auf Dachfonds oder andere Strukturen ausweichen.
Kritik
Private Equity haftet bis heute der schlechte Ruf der „Raiders“ aus den USA der 1990er-Jahre an: aggressiv auftretende Investoren, bekannt für feindliche Übernahmen und die Zerlegung von Unternehmen, die via LBOs hohe Schulden anhäufen und Firmen damit krisenanfälliger machen.
Im Schweizer KMU-Kontext greift dieses Bild jedoch zu kurz. Private-Equity-Investoren stiften einen deutlichen Mehrwert. Sie bringen Wachstumskapital und operatives Know-how, sichern Nachfolgelösungen, zahlen oft wettbewerbsfähige (mitunter bessere) Preise als Strategen und professionalisieren Governance sowie Reporting. Ein typisches Beispiel ist Buy and Build: Durch das Bündeln fragmentierter Nischen zu skalierbaren Plattformen entstehen Effizienzgewinne und neue Märkte, die zum zentralen Wachstumstreiber werden.
Geschichte von Private Equity
Die Ursprünge von Private Equity liegen in den USA, wo nach dem Zweiten Weltkrieg erste Beteiligungsgesellschaften entstanden. Im späteren Verlauf trug dann besonders das Venture Capital im Silicon Valley dazu bei, dass technologische Innovationen und globale Konzerne wie Apple, Google oder Microsoft entstehen konnten.
In den 1980er-Jahren rückte dieses Modell durch spektakuläre Buy-outs wie die Übernahme von RJR Nabisco durch KKR ins Rampenlicht. Solche LBOs machten weltweit Schlagzeilen und prägten das Bild der Branche.
In der Schweiz nahm PE ab den 1990er-Jahren Fahrt auf. Heute ist es fester Bestandteil institutioneller Portfolios, und Pensionskassen sowie andere institutionelle Investoren setzen stark auf diese Anlageklasse.
Zukunft und Trends im Private-Equity-Markt
Die Zukunft von Private Equity in der Schweiz wird von drei Entwicklungen geprägt: Erstens steigt die Nachfrage von Pensionskassen und anderen institutionellen Investoren, die stabile Renditen und Diversifikation suchen. Zweitens gewinnen ESG-Kriterien (Nachhaltigkeit, Soziales, Unternehmensführung) an Bedeutung, wodurch Schweizer Unternehmen mit innovativen und nachhaltigen Geschäftsmodellen an Attraktivität gewinnen. Drittens rücken digitale Branchen wie FinTech, HealthTech oder Künstliche Intelligenz verstärkt in den Fokus.
Gleichzeitig wird die Zahl der Börsengänge (IPOs) von Private-Equity-finanzierten Firmen zunehmen, während globale Player wie Blackstone oder KKR den Markt weiter prägen. Damit bleibt PE ein zentrales Instrument in der Schweizer Wirtschaft und im M&A-Markt.
Private Equity in Krisenzeiten
Krisenzeiten – sei es durch Finanzkrisen, Pandemien oder geopolitische Unsicherheiten – stellen auch den Private-Equity-Markt in der Schweiz vor besondere Herausforderungen. Während klassische Börsenanlagen in solchen Phasen oft stark schwanken, sind Private-Equity-Investments durch ihre langfristige Struktur weniger anfällig für kurzfristige Turbulenzen.
Dennoch steigt das Risiko, insbesondere bei hoch verschuldeten Leveraged Buy-outs (LBOs), da Unternehmen in Krisen Schwierigkeiten bekommen können, Gewinne zu erzielen und Kredite zu bedienen. Gleichzeitig eröffnen sich aber auch Chancen: Investoren nutzen Krisen, um günstig in Zielunternehmen einzusteigen, Restrukturierungen umzusetzen oder Distressed Buy-outs zu tätigen.
Für institutionelle Investoren zeigt sich, dass PE in Krisenzeiten zwar riskant bleibt, langfristig aber Stabilität und attraktive Renditen bieten kann – vorausgesetzt, die Fondsmanager und die mit der Umsetzung der Transaktion betrauten Personen verfügen über das nötige Know-how und ein solides Netzwerk.
Private Equity und Nachhaltigkeit (ESG)
In den vergangenen Jahren hat Nachhaltigkeit auch im Private-Equity-Markt in der Schweiz stark an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Private-Equity-Gesellschaften richten ihre Anlagestrategien an ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) aus. Damit reagieren sie nicht nur auf regulatorische Anforderungen, sondern auch auf die wachsende Nachfrage von institutionellen Investoren wie Pensionskassen, die Wert auf nachhaltige Investments legen.
In der Praxis bedeutet das: Zielunternehmen müssen nicht nur wirtschaftlich attraktiv sein, sondern auch ökologisch verantwortungsvoll handeln, soziale Standards einhalten und über eine gute Unternehmensführung verfügen. Besonders Schweizer Unternehmen aus Branchen wie Cleantech, erneuerbare Energien oder nachhaltige Real-Estate-Projekte profitieren von diesem Trend, da sie leichter Zugang zu Private-Equity-Investments erhalten.
Die Verbindung von privatem Beteiligungskapital und Nachhaltigkeit zeigt, dass Private Equity nicht nur auf kurzfristige Gewinne abzielt, sondern auch einen Beitrag zu einer langfristig stabilen und verantwortungsvollen Wirtschaft leisten kann.